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Comtoise Rohwerk. Es ist ein ganz typisches 10 Zoll Werk, wie es zu hunderttausenden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts gebaut wurde. Im Werkkäfig sind nur die Aussparung für die Pendelaufhängung, die beiden Löcher in der Grundplatte für den evtl. Einbau eines Weckerwerks und die Bohrung für den Glockenträger vorhanden. Die Bohrung für die Hammerachse z.B. fehlt noch. Weitere Teile, die natürlich auch von Heimarbeitern vorgefertigt waren, wurden dann auf der folgenden Produktionsstufe durch einen qualifizierten Arbeiter dem Werk zugefügt. Dieser qualifizierte Arbeiter konnte durchaus auch ein Heimarbeiter sein, der vom Etablisseur die Rohwerke in der abgebildeten Ausführung erhielt und diese dann unter der Woche daheim abarbeitete. Ein solcher Arbeiter trug dann sicherlich 4, 6 oder 8 solcher Werke auf einem Tragegestell auf dem Rücken nach Hause, so dass diese Erscheinung eines Uhrenträgers‘ im Hohen Jura vollkommen normal gewesen sein dürfte. Am zweiten Schlagwerkrad wurde aus der noch runden Scheibe der sogen. Stern gefräst, und gleichzeitig die Hammerachse passend angebaut. Windfang, Rechen sowie die Schlagwerkhebelkonstruktionen wurden individuell angepasst. An die noch runden Aufzugsachsen wurden die Vierkante angefeilt. Minutenrad und Stundenrad wurden mit Vierkanten für die Aufnahme von Zeigern versehen. So vorbereitet wurde dann vermutlich solche Uhrwerke an den Unternehmer zurückgeliefert, und dieser komplettierte dann die Uhren gemäss der Bestellungen seiner Kunden,d.h. insbesondere dann natürlich mit dem individuellen Zifferblatt mit entsprechender Signatur.
Ein solches Rohwerk ist materiell gesehen nicht viel wert, aber seltener als eine Uhr mit Mayet Hemmung. Es war wirklich ein sehr glücklicher Umstand, dass ich dieses Werk während einer Reise nach Frankreich in einer Schreinerei im Regal stehend vorfand und dann auch noch fotografieren durfte.